Grußwort des Vorsitzenden des Freundeskreises Salzmannschule e.V. zur Chronik "Freundschaft ist alles" anlässlich des Goldenen Abiturs

der Klasse 12 B1 (1959-1963) an der Salzmannschule Schnepfenthal, herausgegeben von Wolfgang Möller, 1. Auflage, Waltershausen 2013:

In der Zeit zwischen dem Abitur und seinem 50-jährigen Jubiläum liegt das, was wir getrost als unser Leben ansehen dürfen. Die Verleihung der Goldenen Diplome durch die Salzmannschule und ihren Freundeskreis ist deshalb mehr als nur ein Jubiläum unter vielen. Erinnerungen an längst vergangene Zeiten werden wieder wach und ich freue mich, dass unterstützend dazu eine Festschrift entstanden ist. In ihr sehe ich auch einen wichtigen Beitrag zur geistigen Aufarbeitung der jüngeren Schulgeschichte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, die die Satzung des Freundeskreises Salzmannschule e.V. uns auferlegt. Ich selbst habe seinerzeit für meinen Abiturjahrgang 1959 ebenfalls eine Broschüre verfasst (Backe, H.: Jubiläumstreffen des 50-jährigen Abiturjahrgangs, Salzmannschule Schnepfenthal, 13. Juni 2009). Vergleicht man beide Schriften, so sind deren Perspektiven und Diktionen doch recht unterschiedlich, aber gerade das ist ja notwendig für ein abgerundetes Bild. Nur schade, dass solche Initiativen so selten sind. So möchte ich dieses Grußwort nutzen, um insbesondere Wolfgang Möller und Hans-Christian Piossek für ihre Arbeit meine Anerkennung auszusprechen.

Bei derartigen Gelegenheiten ist man geneigt zu fragen, was eigentlich das Besondere an unserer geliebten Salzmannschule war oder ist. Wir hätten ja die für unser Leben prägende Adoleszenz-Phase auch an einer anderen Schule mit klangvollen Namen verbringen können, wo wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht minder intensive Rückbindungen gefunden hätten. So oft ich auch über das Besondere der Salzmannschule nachdenke, ich komme immer wieder auf Ähnliches zurück: Es ist seine Lage. Im Gegensatz zu vielen anderen Schulen, die Namen bedeutender Persönlichkeiten tragen, hat Salzmann den Standort seiner Erziehungsanstalt am Fuße des Thüringer Waldes nach seinen eigenen pädagogischen Zielvorstellungen selbst ausgesucht und die Gebäude entsprechend konzipiert. Und er hat tatsächlich ein Imperium gegründet – respektvoll über die Generationen von Schülern „Salzmanien“ genannt, das nicht nur aus Gebäuden und einem Schulhof besteht.

Nein, unser „Salzmanien“ atmet auf subtile Art auch heute noch seinen Geist und hat dies auch getan, als dieser Jahrgang 1963 in der damaligen DDR unter ganz anderen politischen Vorzeichen das Abitur ablegte: Ohne Bruch verbindet sich das Schulgelände mit der wunderschönen Natur und Geist und Körper kommen nicht umhin, sich sofort darin zu erfreuen. Der ein oder andere wird sich an einsame Spaziergänge erinnern, bei denen er Gedanken nachgegangen ist, vielleicht naiven Gedanken wie ich, die man „Im Dickicht der Städte“ (Bert Brecht) nicht haben kann und die sicherlich auch nicht die Erschaffung des neuen sozialistischen Menschen beschleunigten.

Die Bedeutung von Salzmanns Reformpädagogik auf unseren eigenen Werdegang ist nicht einfach erkennbar – zumindest nicht für mich. Während meiner Zeit an der Salzmannschule wurde darüber geschwiegen. GuthMuths als eigentlicher Urvater des Turnunterrichts ließ sich politisch wesentlich besser vereinnahmen und so stand Salzmann immer in seinem Schatten. Schon die Bedeutung von Salzmann in seiner Zeit wird nur einigermaßen verständlich, wenn man sich mit den Lebensverhältnissen der Menschen im ausgehenden 18. Jahrhundert und dem Beginn des 19. Jahrhunderts vertraut gemacht hat. Gerade dazu eignen sich seine Volksromane wie z.B. "Carl von Carlsberg“ (siehe http:// freundeskreis-salzmannschule.de/chg-salzmann/schriften.html). Wer davon etwas gelesen hat, ist ganz bestimmt glücklich, nicht in dieser Zeit gelebt haben zu müssen. Einfache Vergleiche mit unserer Zeit sind zumindest problematisch. Zu unterschiedlich sind die Epochen, die zu allem zeitlichen Wandel auch noch unterbrochen wurden durch das tiefe Dunkel atheistischer Weltanschauungen mit industrialisiertem Massenmord und zwei verheerende Weltkriege.

Zeitlos mögen Christian Gotthilf Salzmanns tief im Christentum verwurzelten philanthropischen Ideale und Träume zum Miteinander der Menschen bleiben, die er als Pädagoge in der Epoche der Spätaufklärung symbolisch in dem uns allen vertrauten „Denke, Dulde und Handle“ (D.D.H.) verdichtet hat.

Schnepfenthal, den 8. Juni 2013                                                                                                                  

Hartmut Backe

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